14.03.2011 – Isabell Steinböck für die Westfälischen Nachrichten
Mülltüten bilden den finsteren Wald
Jennifer Ocampo Monsalve, ehemals Goldin-Tänzerin am Stadttheater, setzt sich in „Hidden Tracks“ mit dem Schicksal der französisch-kolumbianischen Politikerin Ingrid Betancourt auseinander, die sechs Jahre Gefangenschaft der FARC-Rebellen im Dschungel überstand. Wie Betancourt stammt auch das Ensemble aus Kolumbien – neben Jennifer Ocampo Monsalve, die im Pumpenhaus unter anderem bereits erfolgreich für „Cactus junges Theater“ choreografierte, Marcela Ruiz Quintero und Gabriel Galindez Cruz; Letzterer gehört zum Ensemble der renommierten Sasha Waltz in Berlin. Gemeinsam bringen sie ein Tanzstück auf die Bühne, das mit einfachen Mitteln als aussagekräftige Inszenierung überzeugt.
Die drei Tänzer stemmen sich gegeneinander, jagen einander über die Bühne, bis sie schließlich mit erstarrten Gliedern aus ihren schwarzen Gefängnissen befreit werden. Geradezu rührend, wie der Gepeinigte eine seiner beiden Leidensgenossinnen wieder zum Leben erweckt, wohingegen sich die andere ins Radiohören flüchtet wie ein Junkie. Marcela Ruiz Quintero spricht davon, wen sie in der Isolation vermisst, Jennifer Ocampo Monsalve dagegen scheint in ihrer Rolle über sich hinauszuwachsen, wenn sie mit umgedrehten Stiefeln in die entgegengesetzte Richtung läuft oder wie im Delirium durch die Luft gewirbelt wird.
Am Ende des eindrucksvollen Tanztheaterstücks schütteln sie die Gummistiefel ab und nageln die alten Identitäten in Form ihrer Kleider an die Wand. Was bleibt, sind Körper, die sich über den Boden kriechend, langsam fortbewegen – beeindruckend stark und lebensfroh.